Westfälischer Heimatbund übergibt besondere Messingglocke aus Patronenhülsen
Von Florian Schütte
GESCHER. Und am Ende dürfen alle Spender und Initiatoren der Reihe nach den Gummihammer in die Hand nehmen und die Friedensglocke erklingen lassen. Der Ton „h“ schwingt sanft durchs Kanonenzimmer des Glockenmuseums, in dem die besondere Messingglocke ab sofort zu finden ist. So klar, dass selbst Ellen Hüesker überrascht ist. „Das ist wirklich Zufall, dass der Ton bei der Legierung so schön herauskommt, wie bei einer Bronzeglocke“, staunt die Eigentümerin der Glockengießerei. Dort war die 300 Kilogramm schwere Glocke im Juni aus Patronenhülsen der Polizei NRW gegossen worden (wir berichteten). Nun hat sie der Westfälische Heimatbund ans Westfälische Glockenmuseum übergeben.
Nachdem der Handglockenchor zwei musikalische Einlagen zu Gehör gebracht hat, dankt Dr. Georg Lunemann in seiner Begrüßung für diese „ wunderbare und nachhaltige Idee“, an der Franz-Josef Menker vom Arbeitskreis „Glocken“ einen maßgeblichen Anteil hatte. „Kaum ein Kulturgut ist von Krieg und Frieden so sehr betroffen gewesen wie die Glocke“, erinnert Lunemann daran, dass Glocken zur Herstellung von Munition im Krieg eingeschmolzen wurden. Nun sei man anlässlich des Jubiläums „375 Jahre Westfälischer Frieden“ den umgekehrten Weg gegangen, freut sich der Vorsitzende des Westfälischen Heimatbundes.
Bürgermeisterin Anne Kortüm weist in ihrer Rede darauf hin, dass die Gescheraner stolz seien auf den Dreiklang zur Glocke: das Glockenmuseum, die Möglichkeit der Kirchturmbesteigung und die Glockengießerei. Die Friedensglocke, die symbolisch der Friedensreiter ziert, sende die wichtige Botschaft, „dass wir zum Frieden zurückkommen, auch wenn es uns heute noch nicht möglich erscheint“, sagt Kortüm angesichts der Kriege in Israel und der Ukraine.
Die Idee hinter der Friedensglocke sei es auch gewesen, „die Glockenstadt Gescher mit der Friedensstadt Münster ideell zu verbinden“, wie Franz-Josef Menker erläutert. So werde Frieden „sichtbar, erlebbar und hörbar“. Auch NRW-Innenminister Herbert Reul sei begeistert von der Idee gewesen und habe sich nicht lang bitten lassen müssen, die Patronenhülsen zur Verfügung zu stellen.
Dr. Gerd Dethlefs, Referent für Landesgeschichte am LWL-Museum, klärt die Gäste im Glockenmuseum während der Feierstunde über die Chronik des Friedensschlusses auf – vom Ritt des Friedensreiters bis hin zum Feuerwerk, bei dem das Schießpulver des Krieges verbrannt wurde. „Die Friedensglocke soll Aufmerksamkeit wecken für etwas, das alle hören sollen“, sagt Dethlefs. Und davon können sich die Teilnehmer im Anschluss im Kanonenzimmer selbst überzeugen.
Gescherer Zeitung